Verkehrsminister Wüst im Interview Dortmund, den 04.10.2017
Verkehrsminister Wüst im Interview
Schleusen sanieren, Brücken anheben und die Wasserstraßeninfrastruktur so schnell wie möglich in Schuss bringen: Das ist das Credo von Hendrik Wüst (CDU), neuer Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, im Interview mit der Dortmunder Hafen AG.
Herr Minister, wo erholen sie sich im Urlaub besser? In den Bergen oder am Wasser?
Der weite Blick am Meer schafft schnell den Kopf frei. Deshalb ein knapper Vorsprung fürs Wasser.
Vom NRW-Verkehrsministerium bietet sich ein imposanter Blick auf den Rhein. Staus werden Sie dort eher nicht beobachten. Liegt es nicht auf der Hand, verkehrspolitisch noch stärker auf die Binnenschifffahrt zu setzen, um NRW-Straßen zu entlasten?
Im Gegensatz zu Straße und Schiene verfügen die Wasserstraßen in NRW, also der Rhein und das Kanalnetz, noch über freie Kapazitäten. Ein Schiff holt im Durchschnitt 150 Lkw von der Straße. Diese Verlagerungskapazitäten müssen wir stärken.
Der Bund scheint aktuell mehr an die Schiene zu denken: Im Haushalt 2018 sind 350 Mio. Euro für die Trassenpreis-Senkung im Schienengüterverkehr vorgesehen. Werden die Potenziale der Binnenschifffahrt in der Verkehrspolitik gerne mal übersehen?
Nordrhein-Westfalen ist das Binnenschifffahrtsland Nr. 1. Wir liegen an der Schnittstelle wichtiger europäischer Wasserstraßen. Die Sanierung der Schleusenbauwerke sowie die Anhebung der Fluss- und Kanalbrücken muss der Bund mit höherer Priorität als in der Vergangenheit betreiben. Auch die notwendige Vertiefung des Rheins will ich gemeinsam mit den anderen Rheinanliegerländern und dem Bund weiter vorantreiben.
„Das Geld ist da. Der politische Wille ist da. Wir werden gut bauen in den nächsten Jahren“, sagten Sie vor Kurzem in einem Interview. Gilt das auch für Wasserstraßen und die damit zusammenhängende Infrastruktur wie Brücken und Schleusen?
Es wurden zu lange nicht die nötigen Planungen auf den Weg gebracht. Kaputte Schleusen und zu niedrige Fluss- und Kanalbrücken sind jedenfalls keine gute Grundlage für eine wachsende Wirtschaft mit steigendem Güterverkehr. Die Wasserstraßeninfrastruktur des Landes muss schnellstmöglich wieder in Schuss gebracht werden. Dazu gehört auch, dass der Bund als verantwortlicher Träger der Wasserstraßenbaulast seine Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltungen mit genügend Personal ausstattet. Es wird Jahre in Anspruch nehmen, den enormen Nachholbedarf abzuarbeiten.
Im Koalitionsvertrag ist verankert, das Wasserstraßenverkehrs- und Hafenkonzept des Landes zu verbessern und schnellstmöglich umsetzen zu wollen. Eine Säule soll dabei ein Landeshafengesetz bilden. Welche inhaltlichen Eckpfeiler wollen Sie hier einziehen?
Die Regelungsgegenstände müssen noch eingehend – auch mit Vertretern der Branche – diskutiert werden. Dem will ich jetzt nicht vorgreifen.
Der Dortmunder Hafen ist Europas größter Kanalhafen und wichtiger Hinterland-Hub der großen Seehäfen. Welche strategische Bedeutung wird dem Hafen in den verkehrspolitischen Plänen Ihres Ministeriums beigemessen? Wie wollen Sie die positive Entwicklung der vergangenen Jahre verstetigen helfen?
Der Dortmunder Hafen ist in der NRW-Verkehrspolitik ein wichtiger Akteur. Zudem ist Dortmund Schienenstandort und die größte Logistikdrehscheibe im östlichen Ruhrgebiet. Mit seinem zweiten KV-Terminal hat Dortmund eine wichtige Voraussetzung geschaffen, um diese Position zu festigen. Aufgrund weiter ansteigender Seefrachtverkehre und der starken Expansion insbesondere der Überseehäfen Rotterdam und Antwerpen ist NRW auf eine leistungsfähige Hinterlandanbindung angewiesen. Der schnelle Ausbau der Betuwe-Linie auf deutscher Seite und eine leistungsfähige, schienengebundene Anbindung des Antwerpener Hafens ist daher auch eine wichtige Aufgabe unserer Verkehrspolitik.
An welchen Stellen sieht das Ministerium Potenzial für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen dem Dortmunder Hafen mit weiteren Häfen in oder außerhalb NRW?
Die Geschäftspolitik wird vom Dortmunder Hafen gemacht, dazu gehören auch Kooperationsvorhaben. Wir helfen gerne, wir moderieren gerne, aber wir machen den privatrechtlich wirkenden Akteuren vor Ort keine Vorgaben.
Seit ungefähr zehn Jahren gibt es das Bemühen der Dortmunder Hafen AG (bzw. des Gesellschafters Dortmunder Stadtwerke), den ehemaligen Güterbahnhof Westfaliastraße für eine mögliche Hafenerweiterung ins Eigentum zu überführen. Dabei handelt es sich um ein nicht mehr benötigtes, rund 20 Hektar großes Grundstück der DB Netz. Alle bisherigen Gespräche verliefen jedoch ergebnislos. Sieht der Verkehrsminister des Landes NRW eine Möglichkeit, aus Sicht der Dortmunder Hafen AG unterstützend einzugreifen?
Auch hier gilt, dass der Verkehrsminister sich nicht in das operative Geschäft vor Ort einmischt. Dies liegt in der Verantwortung der Unternehmen, in diesem Fall der Deutschen Bahn und des Dortmunder Hafens.
In einem Hafen wie Dortmund mit über 5000 Arbeitsplätzen gibt es eine Fülle unterschiedlicher Berufsbilder. Mit welchem würden Sie gerne mal für einen Tag tauschen? Hafenmeister? Kranführer in einer KV-Anlage?
Oha. Das kann niemand wollen, dass ich an einem Kran rumfummle.